Gesundheit & Medizin | 06.05.2020

Corona - Besondere Zeiten

Zum Jahreswechsel informierten chinesische Behörden die WHO über mehrere Fälle von schwerer Lungenentzündung in der Stadt Wuhan. Aus einer scheinbar regional begrenzten Erkrankung ist seither eine weltweite Pandemie geworden, die besonders das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen stellt.

Das Rotkreuzklinikum war als eine der ersten Münchner Kliniken in die fachkompetente Versorgung von COVID-19-Patienten eingebunden. Von Anfang an konnte ich meine Expertise als Notfallmediziner und Kathastrophenschutzbeauftragter des Rotkreuzklinikums in den internen Krisenstab einbringen. Seit 6. März ist die sogenannte „Fieberambulanz", schnell und unkompliziert von unseren Haustechnikern innerhalb der Räume des Sprechstundenzentrums errichtetet, in Betrieb. Angedockt an die Zentrale Notaufnahme und unterstützt von Pflegefachkräften der kardiologischen Funktionsdiagnostik, des Herzkatheterlabors und des OPs, wurden hier koordiniert Verdachtsfälle betreut und untersucht.

Patienten mit Fiebersymptomatik - entweder mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion oder einem Verdacht - werden seither auf isolierten Stationen aufgenommen. Von anfänglich einer Station wurden die Kapazitäten auf vier Stationen mit maximal 40 Betten ausgeweitet. Auf zwei dieser isolierten Stationen behandeln wir Patienten mit bestätigter Diagnose COVID-19, auf der dritten die mit akutem Verdacht. Die vierte Station ist für alle dringlich zu behandelnden Patienten nach Operationen oder medizinisch notwendigen Interventionen vorgesehen. Bei allen wird ein Abstrich auf den Corona-Virus vorgenommen.

Die zweite Betriebsstätte unseres Rotkreuzklinikums in der Taxisstrasse gilt als eine der entbindungsstärken Kliniken Süddeutschlands. Für die Sicherheit der werdenden Mütter und der onkologischen Patienten mussten ebenso entsprechende Strukturen und Schutzmaßnahmen geschaffen werden. Unter anderem steht fü Schwangere mit SARS-CoV-2-Verdacht seit Anfang März ein separates Notfallzimmer bzw. Kreißsaal und ein extra OP-Saal für Kaiserschnitte zur Verfügung. Vätern ermöglichen wir auf Wunsch bei der Geburt anwesend zu sein.

Von Anfang an waren wir - wie alle anderen Einrichtungen auch – gefordert, auf den ressourcenschonenden Umgang mit Schutzausrüstung zu achten. Flächendeckende Schulungen durch die Hygienefachkräfte und den flugs etablierten Pandemiebeauftragten schärften bei allen Mitarbeitern des Rotkreuzklinikums das Bewusstsein für einen sparsamen, aber dennoch sachgerechten Einsatz. Aufgrund der sehr offenen Kommunikation der Lieferengpässe leistete jeder Einzelne gerne seinen Beitrag, damit für die Kollegen in den kritischen Bereichen jederzeit ausreichend persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung steht.

Am 16. März trat zum ersten Mal der COVID-Krisenstab der Münchner Kliniken zusammen – natürlich per Videokonferenz. Initiiert vom Referat für Gesundheit und Umwelt und durch die bayerische Landesregierung beauftragt, tauschte sich dieser münchenweite Krisenstab, der sich anfänglich täglich - auch am Wochenende - zur aktuellen Lage und zu den notwendigen Maßnahmen aus. Mittlerweile ist die Frequenz aufgrund der leichten Beruhigung auf drei Mal pro Woche reduziert. Für alle wertvoll in diesem Gremium ist neben übergeordneten Belangen auch der Austausch „auf Arbeitsebene". Parallel dazu bauten wir innerhalb der Klinik „Krisenstab-Strukturen" auf. In diesem Gremium treffen sich Entscheidungsträger aus Geschäftsführung, Krankenhausleitung und Pandemiebeauftragter, um unter anderem Vorschläge aus fachlichen Arbeitsgruppen freizugeben. Ebenfalls ab 16. März trat ein generelles Besuchsverbot in Kraft. Mit dieser Einschränkung des Personenverkehrs veränderten sich auch die Abläufe in den Kliniken. Wir waren gefordert, Transporte zum Labor, der Patienten in die Radiologie und physikalische Therapie und auch die Wege der Mitarbeiter umzuleiten. Die Haupteingänge beider Betriebsstätten wurden soweit als möglich „geschlossen", um den Personenverkehr kontrolliert zu steuern.

Aufgrund der Allgemeinverfügung vom 17. März sind bis voraussichtlich Mitte Mai medizinisch aufschiebbare Elektiveingriffe untersagt, um für die zunehmend kritischeren Verläufe von COVID-19 stationäre Behandlungs- sowie Intensiv- und Beatmungskapazitäten zu schaffen. Mit der Ausrufung des Katastrophenfalls begann auch für uns als Rotkreuzklinikum und nunmehr COVID-Schwerpunktversorger ein neues Kapitel. Unsere bisher eigenständige Ressourcensteuerung für die Corona-Patienten ging auf die Ebene der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) über. Bereits Anfang April ordnete uns dieses Gremium die Klinik Josephinum als Kooperationspartner zu. Das Josephinum stellte nicht nur Beatmungsgeräte und Perfusoren zur Verfügung, auch ein Team von ärztlichen und pflegerischen Mitarbeitern aus der unweit des Odeonsplatz gelegenen Klinik unterstützt uns seither im Zentral-OP. Auch in den sogenannten High Care Bereichen, wie Intensivstation und interdisziplinäre Aufnahme- und Überwachungsstation, sind mittlerweile Kollegen des Josephinums gemeinsam mit uns im Dienst.

Um für unsere Patienten und natürlich auch alle Kollegen die bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten, nehmen wir bei allen, die über die Zentrale Notaufnahme/Fieberambulanz stationär aufgenommen werden, einen routinemäßigen Abstrich auf das SARS-CoVirus vor. Solange auf den Verdachtsstationen Kapazitäten frei sind, werden Neuaufnahmen auf diesen speziell eingerichteten Stationen aufgenommen und erst bei negativem Abstrich auf Nicht-Isolationsstationen verlegt. Sollten diese Kapazitäten ausgeschöpft sein, muss der neu aufgenommene Patient bis zum Abstrichergebnis in einem Einzelzimmer liegen und einen Mund-Nase-Schutz oder FFP2-Maske tragen. Besondere Vorsicht ist bei hämatoonkologischen Patienten geboten. Da viele Tumorfieber entwickeln, erfolgt hier bis zum Ausschluss einer SARS-CoV-Infektion ebenfalls routinemäßig eine Testung. Bei geplanten Aufnahmen fragen wir diese Patienten vor und bei der stationären Aufnahme nach entsprechenden Symptomen. Durch die mittlerweile aufgebauten ambulanten Versorgungsstrukturen für COVID-Abstriche - vier davon im Stadtgebiet München – reduziert sich die Nachfrage nach ambulanten Abstrichen in unserer Klinik. Seit Bekanntwerden des Virus haben wir rund 1.300 Rachen-Abstriche in unserer Fieberambulanz vorgenommen. Zeitgleich kommen zunehmend mehr kritisch kranke Menschen zu uns, was eine räumliche Umstrukturierung der Fieberambulanz innerhalb der Notaufnahme erforderlich machte.

Aktuell, mehr als vier Monate nach Bekanntgabe der chinesischen Behörden, sind die Zahlen der infizierten Bürger in Deutschland rückläufig. Auf dieser Basis wird aktuell durch den Ministerrat über den Stufenplan für die Reaktivierung der Versorgungsstrukturen für elektive Eingriffe entschieden – für die Besuchslockerung ab 9. Mai und für die stufenweise Wiederaufnahme unserer „normalen" Klinikaktivitäten ab dem 15. Mai sind wir jedenfalls bestens gerüstet.

 

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Autor

Dr. med.
Johannes Maxrath

Chefarzt
Zentrale Patientenaufnahme und Notfallmedizin

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